Reisebericht: Fenerbahçe Istanbul (EL-Playoff)

Salamu Aleykum, Aleykum Salam. Wir sind Austria Wien!

In diesem Sinne Willkommen zur Lektüre dieses Erlebnisberichts einer zweifelsohne höchst spannenden Auswärtsfahrt. Wir wünschen dem geneigten Leser und der geneigten Leserin viel Spaß beim Lesen! 

Alle Bilder stammen von der Website der Viola Fanatics, wo ihr auch weitere Bilder dieser und auch anderer spannender Auswärtsfahrten findet. 

 

Dem Umstand geschuldet, dass unser Flugzeug bereits zur höchst unchristlichen Uhrzeit 6:45 planmäßig den Schwechater Boden verlassen sollte, riss uns der Wecker schon um 3:30 in der Früh aus dem Schlaf. Am Flughafengate angekommen, erblickten wir bereits einige bekannte Gesichter aus dem Horr. Die Zeit im Flugzeug verbrachten wir – dankbar, etwas Schlaf nachholen zu können – schlafend. 

Kurz nach 10:05 Ortszeit landeten wir pünktlich am Flughafen Istanbul. Das Wetter erinnerte uns eher an die Insel, als an die Türkei: Strömender Regen und ein grauer Himmel. 

Nach erfolgreicher Landung ging es zur Passkontrolle und Gepäckausgabe. Im Anschluss wartete das Taxi nur darauf, uns in die Stadt und somit zu den Unterkünften zu bringen. 

Mit der Annäherung an das Stadtgebiet bahnte sich an, was uns im Laufe des Tages noch vor größere Probleme stellen sollte: das Verkehrsaufkommen der Metropole und die entsprechend chaotischen Zustände auf den Straßen. Überholen von rechts, riskante Spurwechsel ohne Vorwarnung, sowie Hupkonzerte waren unsere ständigen Begleiter. Statt einer Fahrzeit von 45 Minuten brauchten wir doppelt so lange. Ein Wert, der allerdings noch getoppt werden sollte. 

Nach Bezug des Apartments und einem ausgiebigen Mittagessen offenbarte sich uns auch schon der inflationsgebeutelte Aspekt der Türkei. Für ein sauberes Standard-Apartment zahlen wir 14€ pro Nacht und Person, das ausgiebige Essen schlägt mit 4€ pro Person zu Buche – landestypische Getränke inklusive. 

Nach einem ersten Spaziergang durch die Stadt stand auch schon der violette Treffpunkt am Programm. Dafür wurde kein geringerer Ort als der Vorplatz der Hagia Sofia gewählt. Unter ständiger Beobachtung der türkischen Exekutive und heimischer SKBs entstand das Gruppenfoto der etwa 50-60 Veilchen beim Deutschen Brunnen. Aufgrund von Verzögerungen des Nachmittagsfluges von Wien nach Istanbul schafften es leider nicht alle Auswärtsfahrenden rechtzeitig zur Abfahrt des Busses, der alle gesammelt zum Stadion brachte. 

 

Wenig später tauchte besagter Bus auf und türkische Sicherheitskräfte begannen bei den Eingangstüren mit der 1. Kontrolle – speziell Alkohol wurde dabei der Kampf angesagt. Es gelangte keine einzige Bierdose in den Bus. 

Kurz nach dem Einstieg wurden auch schon die ersten Tücken des Busses sichtbar – lose Kabel, Displays und ganze Sitze vermittelten nicht gerade den besten Eindruck. Unter Polizeibegleitung setzte sich unser Transport gegen 17:30 Ortszeit in Bewegung – bis uns der Istanbuler Verkehr schon nach wenigen Metern ausbremste. Per Stop and Go zuckelte der Bus den Bosporus entlang. Die Polizei machte keine Anstalten, ihr ständig laufendes Blaulicht zu unseren Gunsten einzusetzen.

Im vollbesetzten Bus selbst wurde die Hitze immer drückender. Die Klimaanlage verfehlte ihre Wirkung, nachdem nur die warme Luft aus der Umgebung in den Innenraum strömte. Erster Unmut über fehlende Hydrierung und drückende Blasen wird laut. Die Bitte, doch die Türen während der Fahrt zu öffnen, wurde vom mitreisenden Polizisten gekonnt ignoriert – vorerst. 

Die Lage besserte sich kaum, erst bei der Überquerung des Bosporus kam unbekannter Schwung in die Angelegenheit. In diesem Zuge erlaubte auch der besagte Polizist dem Busfahrer, die Türe zu öffnen – der Fahrtwind war selbst für ihn zu verlockend. 

Der nächste Stau kam aber gewiss. Dieses Mal freute sich ein tüchtiger Geschäftsmann über unsere Notlage; Mitten auf der Autobahn wurde er dank uns seine Wasservorräte los. 

Langsam war das Stadion von Fenerbahce in Sicht, der Verkehr stockte daraufhin noch stärker. Nervöse Blicke auf die Uhr waren die Folge. Die Startaufstellungen waren schon längst jedem bekannt, waren es schließlich nur noch 20 Minuten bis zum Anpfiff – ein rechtzeitiges Eintreffen im Sektor schien undenkbar. 

Nur ein Geistesblitz der türkischen Polizei bewahrte uns vor Schlimmerem. Man kam – spät aber doch – auf die Idee, die ausgedehnten Befugnisse zu nutzen, um uns “zügig” zum Stadion zu bringen. 

Kurzerhand sprangen während des Stillstandes mehrere Beamte auf die Straße und blockierten den Verkehr. Anschließend lotste man Begleitschutz samt Bus in Windeseile über die Autobahn und schon wurde der Bus direkt vor dem Stadion geparkt. 

Der Einlass ins Stadioninnere erfolgte rasch und mit einer recht oberflächlichen, zweiten Kontrolle. Die Mitfuhr von Münzen, Powerbanks oder auch E-Zigaretten wurde dabei untersagt. Über käfigartige Gänge ging der Weg zum Gästesektor, wo eine letzte, dritte Kontrolle wartete. Dabei stellten unverständlicherweise mitgebrachte Schals und Pickerl, sowie Fanclub-Transparente Grund für Diskussionen mit dem Sicherheitsapparat im Stadion.

Unser Bereich war im zweiten Rang, wo kurz vor dem Betreten des Sektors noch auf oben beschriebene Nachzügler gewartet wurde, um beim Betreten der Ränge Einheit zu zeigen. 

Rasch wurden von den Fangruppen die Transparente aufgehängt, sowie die Fahnen zusammengebaut. Nach ruppiger Intervention der türkischen Polizei wurden genannte Prozesse allerdings schnell wieder rückgängig gemacht. Im Sektor selbst waren einige Polizisten in voller Montur – inklusive großer Einsatzschilder- abgestellt. 

Mit Beginn des Spiels stellten sich die Heimfans lautstark vor. Von drei Tribünen wurde organisiert supportet. Kurzum: nicht zu vergleichen mit der Atmosphäre in heimischen Stadien. Davon ließ sich der Auswärtssektor allerdings nicht beirren und legte sich in gewohnter Manier voll ins Zeug – ganz ohne Trommeln oder Megaphon. 

Sportlich deutete bereits früh einiges auf eine klare Angelegenheit hin, der Anschlusstreffer von Martins kurz vor dem Pausenpfiff ließ allerdings noch einmal Hoffnung auflodern. Auch der mitgereiste Anhang verabschiedeten sich eindrucksvoll in die Pause. In Halbzeit 2 übernahm Fenerbahce puncto Torerfolg das Kommando, die beherzte Leistung unserer Austria wurde von den eigenen Fans nichtsdestotrotz stets honoriert. 

Stimmungstechnisches Highlight war die Phase ab dem 4:1 der Gastgeber, als der violette Block ungeachtet des Spielstandes lautstark seine Gesänge durch das Stadion peitsche – mit Erfolg. Pfiffe und nette Gesten der angrenzenden Heimfans waren die Folge. Diese stellten den Support zu der Zeit de facto ein und ließen uns gewähren, was zur Folge hatte, dass für einige Minuten sogar die wackeren rund 120-150 Wiener Fans im Hexenkessel zu hören waren. Mit der Verabschiedung der Spieler setzte die Kurve vermeintlich den Schlusspunkt einer starken Leistung. 

Nach Abpfiff ordnete die Polizei Wartezeit an, bevor der Sektor verlassen werden durfte. Speziell die zwischenzeitliche Führung eines Schweizer Zweitligisten trübte dabei die Stimmung der anwesenden Fans nicht wirklich. Altbekanntes Liedgut hallte daraufhin durch das Stadion. An dieser Stelle nette Grüße an einen bedeutungslosen Verein, der sich im anstehenden Herbst an Donnerstagen in Langeweile üben darf. 

Schließlich ließ uns die Polizei nach einer Zeit doch aus dem Sektor und rasch wurde der Bus wieder befüllt. Nach kurzer Fahrzeit – und nur einen wortwörtlichen Steinwurf vom Stadion entfernt – ließen es sich vereinzelte Fenerbahce-Fans nicht nehmen, uns mit Souvenieren in Form von geschleudertem türkischen Gestein aller Art aus dem Stadtteil Kadiköy zu verabschieden. Einzig und allein die überraschend robusten Glasscheiben bewahrten uns vor der türkischen Gastfreundschaft. 

Wäre interessant zu sehen, ob sich der Verein Fenerbahce auch für die Vorkommnisse und die an Schikane grenzenden Maßnahmen im Stadion auf den Social Media Kanälen entschuldigen wird – am besten zweisprachig! 

Zurück jedoch zum Ablauf: Nach der freundlichen Verabschiedung aus dem asiatischen Teil Istanbuls überquerte der mittlerweile schon bemitleidenswerte Bus mit uns an Bord den Bosporus. Kaum die Brücke überquert, kündigte ein Stottern des Motors und ein Flackern der Innenraumbeleuchtung sowie eine lautstarke und beeindruckende Zurschaustellung türkischen Schimpfwortvokabulars des Busfahrers den nächsten Akt an –  der Bus gab endgültig den Geist auf.

Alle aussteigen! Unter massiver Polizeipräsenz verließen wir den gepeinigten Bus und berieten kurz, was zu tun war. Kurzum beschloss man, einfach die nächsten paar Kilometer zu Fuß zurück zu legen. Die anwesenden SKBs aus Österreich waren von dieser Idee sichtlich wenig begeistert, aber immerhin kamen wir so noch zu unserem Marsch durch Istanbul.

An einer Sammelstelle angekommen, fischte die türkische Polizei mehrere Taxis aus dem Verkehr und ermöglichte den ehemaligen Businsassen so eine sichere Heimreise in die jeweiligen Quartiere, wo wir dann auch gegen 1 in der Früh ankamen.

DANKSAGUNG:

An dieser Stelle ist es uns ein Anliegen, uns bei den ultraorientierten Gruppen zu bedanken, insbesondere bei den Viola Fanatics, die völlig alleine ohne jegliche Mithilfe des Vereins den Bus, Treffpunkt und Ablauf koordinierten und denen es merkbar ein Anliegen war, dass jedes Veilchen sicher zum und vom Stadion weg kam.

 

JM44 / J.

 

Anmerkung der Redaktion: verteilerkreis.at freut sich über weitere Reiseberichte während unserer internationalen Auftritte in den kommenden Wochen. Meldet euch einfach via Kommentar unter diesem Artikel, im ASB oder via PN auf einer der beiden Plattformen. Vielen Dank und Forza Viola! 

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