Gewinner und Verlierer des violetten Jahres 2021

[dropcap]E[/dropcap]in turbulentes Jahr 2021 liegt hinter der Wiener Austria – von Existenzsorgen über das Insignia-Debakel bis zu einer jungen, aufstrebenden Mannschaft, die über den Erwartungen performte, war vieles ein Teil dessen. Für einige Austrianer war 2021 ein Erfolg – für andere weniger. Dieser Artikel blickt streng subjektiv auf Gewinner und Verlierer des Jahres.

 

Die Gewinner

Frank Hensel und Raimund Harreither

Dass es Austria Wien 2022 überhaupt noch in der österreichischen Bundesliga gibt, ist auch ein Verdienst von Präsident Hensel und seinem Vizepräsidenten Harreither. Beide haben mit viel persönlichem Einsatz und ihrem privaten Geld einen wichtigen Anteil am Fortbestand des Vereins. Im Juni wurde Hensel für vier weitere Jahre als Präsident gewählt, während Harreither im Bereich des Sponsorings regelmäßig Fortschritte erzielt. Ob das Duo auch 2022 zu den Gewinnern gehören wird, hängt von der „Viola Investment GmbH“ ab, in die sowohl Hensel als auch Harreither eingezahlt haben. Hensel stand jedoch auch bei der Präsentation von Insignia in der ersten Reihe und ist nicht nur deshalb in der Austria-Familie nicht unumstritten.

Gerhard Krisch, Manuel Ortlechner und Manfred Schmid

Die violetten Gremien nahmen im Sommer viel Risiko, mit Gerhard Krisch, Manuel Ortlechner und Manfred Schmid drei Personen zu nominieren, die in ihrer neuen Position quasi keine Berufserfahrung hatten und mit Markus Kraetschmer sowie Peter Stöger zwei erfahrenen Urgesteinen nachfolgen sollten – obendrein in einer der schwierigsten Zeiten, die die Austria je erlebte. Umso höher ist einzuschätzen, wie sich das Trio seitdem schlägt, nahezu ohne medialen Fehltritt und mit großem Anteil an der immer besser werdenden Stimmung im Verein. Krisch steht Medien regelmäßig mit viel Geduld und Offenheit Rede und Antwort zur finanziellen Situation, Ortlechner überzeugt mit innovativen Ideen und erfrischender Kommunikation, Schmid machte in kürzester Zeit Eigenbauspieler zu Leistungsträgern der Kampfmannschaft.

Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, mit Manuel Ortlechner und Manfred Schmid unsere Wunschkandidaten für die Positionen des Sportdirektors und Trainers für uns zu gewinnen. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind weiterhin herausfordernd und es gibt noch viele offene Personalfragen – umso wichtiger ist es, dass wir jetzt gemeinsam als Team daran arbeiten, die Austria neu aufzustellen und langfristig in eine positive Zukunft zu führen. Gerhard Krisch zu den neuen sportlichen Verantwortlichen

Die Austria-Fans

Gewiss war 2021 kein einfaches Jahr für die Austria-Fans, die bei einem Großteil der Spiele nicht ins Stadion durften und sich in der Zwischenzeit zuhause um den Fortbestand der Austria sorgen mussten. Dennoch nahm die Mehrheit keine Rückerstattung des Abos in Anspruch und sorgte bei den Spielen, zu denen Fans zugelassen waren, für eine positive Unterstützung, auch ohne organisierten Support. Trotz Krise wurden die Abo-Zahlen klar vermehrt, trotz COVID-19 wurden solide Zuseherzahlen erreicht, zudem im Herbst so viele Kinder und Jugendliche im Stadion begrüßt wie schon lange nicht mehr. Die Richtung stimmt gewiss auch in diesem Bereich.

Die Austria-Akademie

Jahrelang musste die Akademie der Wiener Austria viel Kritik und wenig schmeichelhafte Rechnungen über Aufwand und Ertrag über sich ergehen lassen. Im Herbst 2021 endet eine solche Rechnung positiv zugunsten des Ertrags. Im Herbst 2021 kamen mit Jukic (18 Spiele), Braunöder (15 Spiele), Keles (13 Spiele), Fitz, Huskovic (je 12 Spiele), Ivkic (10 Spiele), El Sheiwi (6 Spiele), Bejic und Vucic (je 1 Spiel) neun Eigenbauspieler zwischen 17 und 22 Jahren zum Einsatz. Gemeinsam mit den Routiniers Suttner und Grünwald stammt somit rund die Hälfte des Kaders aus der eigenen Akademie.

Marco Djuricin und Eric Martel

Zu Beginn des Jahres verpflichtete die Austria Marco Djuricin und Eric Martel. Beide wurden rasch Leistungsträger und mit hoher Einsatzbereitschaft zudem Identifikationsfiguren. Martel stand seit seiner Verpflichtung in allen 36 Spielen, in denen er spielberechtigt war, in der Startelf, die Einberufung in Deutschlands U21-Team war die Belohnung, seine Rückkehr nach Leipzig wird eine sichtbare Lücke in Austrias Defensive entstehen lassen. Djuricin identifizierte sich auf Anhieb mit dem Verein, verlängerte im Sommer bis 2024 und war 2021 mit 15 Toren der erfolgreichste Torschütze der Veilchen.

Es war eine lange Zeit, dass ich nicht in Wien war. Für mich und meine Familie ist es sehr schön, dass wir nach Hause gekommen sind. Ich bin glücklich, bin bei der Austria, wo ich immer spielen wollte als Erwachsener. Ich freue mich und bin stolz für Austria zu spielen. Marco Djuricin zu abseits.at

Benedikt Pichler und Patrick Wimmer

Für Benedikt Pichler (zu Holstein Kiel) und Patrick Wimmer (nach Bielefeld) war Austria Wien ein Sprungbrett. Beide durften bei der Austria erstmals Bundesliga-Luft schnuppern, entwickelten sich in kürzester Zeit prächtig, sodass ihnen der Sprung nach Deutschland gelang. Dass beide dort auf Anhieb zu Leistungsträgern ihrer neuen Klubs wurden, verwundert nicht, wenn man den Fleiß und die Bodenständigkeit beider Angreifer kennt. Für die Austria brachten Pichler und Wimmer sehr willkommenes Geld – und vor allem den Beweis, ein gutes Sprungbrett zu sein.

Die Verlierer

Markus Kraetschmer und Andreas Rudas

Dass nach über 20 Austria-Jahren weniger über die Erfolge in der Ära des Markus Kraetschmer gesprochen wird, sondern viel eher über den finanziellen Scherbenhaufen, den er hinterlassen hat, liegt an seinen wenig zufriedenstellenden letzten Jahren am Verteilerkreis. War Kraetschmer lange Zeit ein über die Grenzen des 10. Bezirks anerkannter Fußball-Manager, spricht die aktuelle finanzielle Lage klar gegen sein Tun. Anders als Kraetschmer, ist Andreas Rudas weiterhin für die Austria tätig, blickt aber ebenso auf kein erfolgreiches Jahr 2021 zurück: Erst machte er sich für Insignia stark und tat – im Nachhinein gesehen – dem Verein damit keinen Gefallen, später zog sein Favorit im Poker um einen Investor den Kürzeren.

Die Austria-Gremien

Auch wenn Kraetschmer im Mittelpunkt der Kritik an der finanziellen Situation steht, können die Gremien wie der Aufsichts- oder der Verwaltungsrat davon nicht ausgenommen werden. Über Jahre hatten sie dem finanziellen Abgesang wenig entgegenzusetzen, auch dem wenig erfolgreichen Insignia-Deal wurde zugestimmt, obendrein mit langsamen Entscheidungen und Meinungsverschiedenheiten kein gutes Bild abgegeben, was die Folge von aufgeblähten Strukturen ist.

Dominik Fitz

Austria Wien wird seit jeher nachgesagt, eine Diva zu sein – mal Genie, mal Wahnsinn. So gesehen verkörpert Dominik Fitz diesen Verein bestens, denn bei kaum einem Spieler wechseln einander eine gute Technik und feine Spielzüge so regelmäßig mit körper- und farblosen Auftritten ab. Zwar blitze 2021 auch regelmäßig sein Können auf, beispielsweise bei sehenswerten Treffern gegen Hartberg (auswärts aus 40m Entfernung, zuhause per Freistoß) und Sturm (vom Strafraumeck ins Kreuzeck), letztendlich verbrachte er das letzte Drittel des Jahres aber überwiegend bei den Young Violets und gar nicht mehr im Matchkader der Kampfmannschaft. Dorthin kehrte er erst im letzten Spiel der Herbstsaison zurück. Der Beginn einer Wende? Es wäre dem violetten Eigenbauspieler zu vergönnen und keineswegs ist der 22-Jährige abzuschreiben.

Niels Hahn, Anouar El Moukhantir und Csaba Mester

So viele Eigenbauspieler 2021 in der Kampfmannschaft spielen durften, die Herren Hahn, El-Moukhantir und Mester gehörten nicht zu ihnen. Hahn gab 2020 noch gegen Rapid und Sturm vielversprechende Talentproben ab, spielte 2021 aber kein einziges Mal in der Kampfmannschaft. El Moukhantir wartet in ebendieser weiterhin auf sein Debüt, stand aber auch bei den Young Violets seit Mai nicht mehr auf dem Feld. Mester tut dies zwar regelmäßig, gehört aber nicht mehr dem Kader der Kampfmannschaft an. Für alle drei wird sich 2022 wohl der Weg weisen. Mester legte mit seiner Teilnahme am Türkei-Trainingslager der Kampfmannschaft im Jänner einen vielversprechenden Start hin, Hahn durfte erstmals seit Jahren nicht mehr mit, El Moukhantir ist weiterhin verletzt.

Max Sax, Christoph Martschinko und Bright Edomwonyi

Verlierer des abgelaufenen Jahres sind zweifelsfrei auch Sax, Martschinko und Edomwonyi. Zum einen, weil das Trio in der Kampfmannschaft nicht mehr gefragt ist und ausnahmslos bei den Young Violets trainiert; zum anderen, weil alle drei von schweren Verletzungen heimgesucht wurden, wie weiters auch Sterling Yatéké. In Summe absolvierte das Trio 235 Pflichtspiele für Austria Wiens Kampfmannschaft. 2021 kam kein einziges hinzu – und das wird es wohl auch nie mehr. Bei Martschinko ist dies seit Jahresbeginn gewiss, er wechselte nach Lettland. Sax konnte im Jänner immerhin nach langer Verletzungspause ein Comeback bei den Young Violets feiern, Edomwonyi und Yatéké steigen demnächst ins Training ein.

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