Violettes Wien – Die Partnerschaft mit den Vikings

Unser Zuhause hat diesen Sommer einen neuen Untermieter: Die Vienna Vikings tragen ihre Heimspiele in dieser ELF-Saison in der Generali Arena aus. Da die ELF (European League of Football) nun vor den Playoffs steht, wollen wir die Partnerschaft der beiden violetten Wiener Vereine einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Eine sportliche Erfolgsgeschichte

Zunächst muss festgehalten werden, dass es für die Vikings aus sportlicher Sicht in der ELF beinahe perfekt läuft. Bei 10 Siegen zu einer Niederlage haben die Vikings den Einzug in die Playoffs schon längst in der Tasche und dürfen sich auf ein gesichertes Playoff-Heimspiel am 11.9. in der Generali Arena freuen. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass die Vikings beim Finale die Meistertrophäe in den Klagenfurter Nachthimmel strecken dürfen. Auch die Art und Weise, wie überlegen die Spiele gewonnen wurden und wie großartig das Stadion ist, in dem sie spielen dürfen, hat Ligaverantwortliche wie Konkurrenten gleichermaßen zum Staunen gebracht.

Dennoch stehen dem sportlichen Erfolg relativ niedrige Zuschauerzahlen gegenüber. Ein Zuschauerschnitt von 3.449 wirkt im Vergleich zu den Zielen der Vereinsverantwortlichen vor der Saison eher mager. Die Vikings liegen damit gerade einmal im Mittelfeld der Liga. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob diese Untermiete auch in Zukunft noch bestehen bleiben wird.

Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig die neue ELF und ihre Entstehung ein bisschen zu analysieren.

Was ist die European League of Football?

American Football hat in Europa und insbesondere in Österreich eine lange Geschichte. Schon seit 1984 wird vom American Football Bund Österreich (AFBÖ) eine Liga, die Austrian Football League (AFL), ausgetragen. Die Organisationsform dieser nationalen Ligen ist uns Fußballfans wohlbekannt: Eigenstände Vereine stellen eine Kampfmannschaft und sind für finanzielle Angelegenheiten, wie Vermarktung und Bezahlung der Spieler prinzipiell selbst verantwortlich. Auch wenn einige Spieler aus Übersee davon leben konnten, spielt auch weiterhin der Großteil der Spieler in der AFL definitiv mit Amateurverträgen neben einem Brotberuf.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die Entstehung der ELF so viel Staub aufgewirbelt und die europäische Football-Welt quasi auf den Kopf gestellt hat. Die ELF, gegründet vom deutschen Footballtrainer und TV-Experten Patrick Esume, ist nach amerikanischem Vorbild als Franchise-Liga organisiert. Das bedeutet vor allem, dass die Teams nicht den Vereinen gehören, sondern zentral durch die Liga vergeben und organisiert werden. Die Liga schließt dann auch zentral die Werbe- und Sponsorenverträge ab und verteilt das Geld an die Franchises. Die Vikings standen somit vor der Wahl, entweder selbst ein ELF-Franchise zu gründen oder von der ELF über kurz oder lang ein neues, konkurrierendes Wiener-Football-Franchise vor die Nase gesetzt zu bekommen. Schlussendlich entschied man sich dazu, eine eigene GmbH zu gründen, um als neues Franchise in die ELF einzuziehen.

Nicht zuletzt durch dieses System ist es für die Spieler der ELF erstmals möglich mit Football passabel Geld zu verdienen und zumindest semi-professionelle Verträge zu bekommen. Dieser Umstand hat natürlich dazu geführt, dass die besten Spieler der österreichischen Liga AFL fast geschlossen bei einem der beiden österreichischen ELF-Teams, neben den Vikings spielen auch die Raiders aus Tirol seit dieser Saison dort, angeheuert haben. Aus Sicht des österreichischen Football-Bunds ist das eine mittlere Katastrophe und somit sieht sich die ELF mit konstanter Kritik durch die nationalen Verbände konfrontiert. AFBÖ-Präsident Eschlböck bezeichnete die Liga schon einmal als “Heuschrecke, die abgrast ohne etwas für den Sport zu tun.” Dies zeigt natürlich, dass bei den nationalen Verbänden die Nerven blank liegen und sie den Marktwert ihrer eigenen Ligen als massiv bedroht ansehen.

Die große Hoffnung der ELF und ihrer Investoren ist, dass Popularität und Umsatz über die nächsten Jahre konstant zunehmen und die Professionalisierung, die in den nationalen Ligen bis dato wenig vorhanden war, immer weiter vorangetrieben werden kann. In der nächsten Saison wird die Liga jedenfalls wieder um vier Teams aus Fehérvár, Mailand, München und Zürich erweitert.

Die Vikings feiern ihren Sieg gegen die Istanbul Rams vor der Nordtribüne

Die Kooperation mit der Austria

Wie sieht es nun mit der Kooperation und der Teilung des Stadions aus? Kann der FK Austria Wien davon profitieren oder lassen wir uns hier einfach nur fahrlässig den Rasen zertrampeln?

Aus Sicht der Vikings wirkt die Entscheidung nur logisch: Nach dem Einstieg in die ELF war man auf Stadionsuche und hat das Auge sofort auf die Generali Arena geworfen. Eine Rückkehr auf die Hohe Warte, wo die Vikings lange Zeit ihre Heimspiele in der AFL ausgetragen hatten, war dem Vernehmen nach nicht denkbar. Und die Spiele im vereinseigenen sowie an und für sich hervorragend ausgestatteten Footballzentrum Ravelinstraße auszutragen, hätte wohl eine Erweiterung der Zuschauerkapazitäten und damit Umbauarbeiten notwendig gemacht. Daneben bietet unser Stadion für Wien einmalige Möglichkeiten bezüglich VIP bzw. Events und ist, praktischerweise für die Vikings, ganz in violett gehalten. Aus der Perspektive der Vikings bleibt also die einfache wirtschaftliche Frage übrig, ob sich die sicher nicht günstigen Mietkosten schlussendlich gerechnet haben.

Für den FK Austria Wien hat sich die Kooperation finanziell hingegen sicherlich ausgezahlt. Die Einnahmen aus der Vermietung des Stadions, sind in der angespannten finanziellen Lage eine willkommene Ergänzung. Auch für das Marketing beider Clubs ist es sicherlich nicht nachteilig, wenn man sicher auf Social Media als Partnerklubs präsentieren kann. Die größte Sorge vieler Austriafans schon kurz nach der Bekanntgabe der Kooperation war allerdings eine andere, nämlich: Hält der Rasen das alles aus?

Da ich kein Rasenexperte bin, kann ich nur aus Stadionsicht festhalten, dass der Rasen schon einmal bessere Tage erlebt hat. Flecken und Löcher, die im Moment vor allem am Rand des Spielfeldes zu finden sind, kommen allerdings mit ziemlicher Sicherheit nicht von den Footballern, da hier vor allem das Zentrum des Feldes beansprucht wird. Die Frage, ob es eine besonders gute Idee war Ende August Kampfmannschaft, Young Violets und Vikings innerhalb von 4 Tagen hintereinander im Stadion spielen zu lassen, muss sich die Austria dann vielleicht doch gefallen lassen. Die Greenkeeper der Austria zeigten sich vor der Saison jedenfalls sehr zuversichtlich, dass ein Footballspiel nicht mehr Belastung für den Rasen bedeutet als ein Fußballspiel.

Das Vikings-Saisonhighlight: Playoff in der Generali Arena

Ein paar Veilchen haben sich im Rahmen der Gratis-Aktionen der Vikings schon zu einem Footballspiel in der Generali Arena verirrt. Eine letzte Gelegenheit dazu gibt es noch beim Saisonhighlight, dem Playoff-Heimspiel am 11. September gegen die Barcelona Dragons. Der Sieger dieser Begegnung steht im Finale. Aber was können sich geneigte Veilchen von einem Vikings-Gameday erwarten?

Ganz in der amerikanischen Tradition gibt es vor dem Spiel auch bei den Vikings ein “Tailgating”. Dabei haben die Vikings aber noch ziemlich viel Luft nach oben, wenn man sie mit dem Partys der deutschen ELF-Teams vergleicht. Auf dem Vorplatz der Osttribüne gibt es zwar wirklich gute Pulled-Pork Burger, eine Hüpfburg und einen DJ aber da wäre sicherlich mehr möglich. Ein paar Geschicklichkeitsstationen mit dem “Eierlaberl” wären zum Beispiel eine einfache aber spaßige Unterhaltungsmöglichkeit für Groß und Klein.

Im Stadion selbst geben sich die Vikings allerdings keine Blöße: die Spielerpräsentation wird mit Flammenkanonen groß inszeniert und auch die Cheerleader gehören in ihrem Sport zur europäischen Spitzenklasse. Das Niveau des gezeigten Footballs ist, wie oben erwähnt, sowieso in Europa unerreicht und es entwickeln sich teilweise sehr ansehnliche Spiele mit tollen Plays und vielen Scores. Ein bisschen getrübt war der Stadionbesuch lediglich von den extrem langen Wartezeiten bei der Gastro auf der Südtribüne und der brachial lauten Stadionanlage. Auf der Nordtribüne lief es diesbezüglich aber wesentlich besser.

Ein neuer Football-Zuschauerrekord in der Generali Arena scheint beim letzten Heimspiel der Vikings jedenfalls gesichert. Wie es mit der Partnerschaft zwischen Austria und Vikings weitergeht, wird man hingegen erst in den kommenden Monaten erfahren. Eine Aufgabe verbindet beide Vereine dennoch immer: Die Stadt Wien ein bisschen violetter zu färben.

Anm. der Redaktion: Für alle Veilchen die über die Vikings, American Football an sich und die Untermiete in der Generali Arena diskutieren wollen, haben wir in der Veilchen-Ecke eine Plaudergruppe eingerichtet. Schaut vorbei, es ist der ideale Ort, um Football-affine Veilchen zu vernetzen!

https://verteilerkreis.at/veilchen-ecke/american-football-in-der-generali-arena/ 

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