Unser Gegner Fenerbahce im Fokus!

Am Donnerstag ist es endlich soweit! Unsere Austria ist zurück in Europa und kämpft gegen Fenerbahce um den Einzug in die UEFA Europa Leauge. Davor wollen wir aber einen kurzen Blick auf unseren Gegner werfen. Dafür hab ich Aytunç Bahar von @derlegionaer (auf Instagram) dazugeholt, der uns vom aktuellen Kader, aber auch der Geschichte Fenerbahces bzw. des türkischen Fussballs erzählen wird. 

Aytunç Bahar, 34, lebt in Salzburg. Er ist in der Türkei geboren und in Tirol aufgewachsen. Als Polizist verbrachte er 10 Jahre in Wien, die meiste Zeit davon in Wien-Favoriten. Mit seinem Projekt „Der Legionär TV“ nimmt er an diversen Ausschreibungen und Mentorings bei Sportmedien und -Redaktionen teil. 

Fans, Feto, Fenerbahçe – ein Portrait Fenerbahces” von Aytunç Bahar

Der Gegner der Wiener Austria im Europa-League Play-Off ist kein Unbekannter. Weit über die Landesgrenzen hinaus, hat sich der Großklub aus Istanbul auch in Europa einen Namen gemacht. Vor allem das Viertelfinale 2008 in der Champions League gegen Chelsea mit dem Heimsieg in Istanbul und der Halbfinaleinzug in der Europa-League 2013 und das knappe KO-Aus gegen Benfica, waren Ausrufezeichen und erste Versuche in Europa nach dem Thron zu greifen. Fenerbahçe hatte also auch in Europa ganz oben angeklopft. Ohne zu wissen, dass es hinter den Kulissen schon brodelte. Denn nur ein vermeintlicher Manipulationsskandal sollte den Rekordmeister ins Schwanken bringen. Den größten Schaden trägt aber der Fußball im ganzen Land. Bis heute. 

 Der Anfang vom Ende 

In kaum einem anderen Land ist der Fußball dermaßen mit Politik und Staat verstrickt, wie in der Türkei. Diesen Verstrickungen könnte man schon ein ganzes Buch oder eine Serie widmen. Beides wären Kassenschlager. An der Stelle sei aber nur ein kurzer Ausflug in die dunklen Abgründe des türkischen Fußballs erlaubt, um den Rahmen nicht zu sprengen: 

Die 90er Jahre gehörten zweifellos dem Erzrivalen Galatasaray. Der Erzrivale profitierte in dieser Zeit vor allem vom wachsenden Einfluss eines seiner prominentesten Fans: Fethullah Gülen. Jener Sektenführer, der wegen eines Haftbefehls seit über zwei Jahrzehnten im Exil lebt. Noch Jahre später sollte Galatasaray von diesen Verbindungen profitieren. Einen hohen Preis musste der Erzrivale dafür dennoch zahlen. Der Verein musste im Laufe der Jahre unter anderem das Antlitz der Vereinsikone Hakan Şükür von allen Stadionwänden nehmen und ihn auf Mannschaftsfotos unkenntlich machen. Şükür war enger Vertrauter von Gülen und lebt seit Bekanntwerden der Aktivitäten der „Feto-Bewegung“ ebenso im Exil. 

Ein „Manipulationsverdacht“ ohne Manipulation 

Verschiedenste „Manöver“ seitens des Staates waren die Folge. Tausende Beamt:Innen aus Bildung und Exekutive wurden versetzt, viele Führungskräfte aus den Ministerien wurden ausgetauscht – mit dem Ziel jeden „Feto“-Sympathisant zu entmachten. Im Sport blieben (große) Manöver aus, weshalb hier „Feto“ spät noch der ganz große Wurf gelang. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde eine Verschwörungstheorie rund um die Meisterschaft 2011 inszeniert und vermeintliche Manipulationen fingiert. Innerhalb weniger Tage wurde der damalige Präsident Aziz Yildirim inhaftiert, Vereinsräumlichkeiten durchsucht und der Zwangsabstieg schien besiegelt. Es folgten Verkäufe einiger Topspieler, um kurzfristig finanzielle Ressourcen zur schaffen. In der ganzen Fußballwelt im In- und Ausland brachte man Fenerbahçe nun mit dieser Manipulation in Verbindung. Die Folge war der sportliche Absturz und eine Durststrecke mit nur einer gewonnen Meisterschaft seither, vor allem aber ein riesengroßer Wertverlust als Sport- „Marke“. Erst mit der höchstgerichtlichen Entscheidung 2021 und mehrerer tausendjähriger Haftstrafen für die Beteiligten dieses Komplotts, war ein Neuanfang für den Verein möglich. 

Schutt und (ohne) Asche 

Als 2018 Aziz Yildirims letzte Periode auslief, schöpften die Anhänger nach langer Zeit wieder Hoffnung. Der Altpräsident war müde geworden – von den Gerichtsverfahren, aber auch von seiner 20-jährigen Amtszeit. Zwar stellte er sich der Wahl gegen seinen vormaligen Vize Ali Koç, hatte aber deutlich das Nachsehen. Ali Koç konnte sich deutlich durchsetzen und fiel damit bei seinem einstigen Weggefährten in Ungnade. Koç, reichster Bürger seines Landes, war aber bereit alles in Kauf zu nehmen, um Fenerbahçe wieder zurück zu alter Stärke zu führen. Mit Koç blieb zwar der sportliche Erfolg bisher aus, der Präsident hat aber zumindest den freien Fall in den Finanzen aufhalten können. Der einst unverschuldete Klub weist inzwischen eine Rekordverschuldung auf und Koç versucht insbesondere mit Sponsorings in allen Sektionen des Vereins dem entgegen zu wirken – teilweise schon erfolgreich. Die Verpflichtungen großer Namen in den Perioden zuvor, fordern bis heute ihren Tribut. Van Persie, Nani, Skrtel um nur einige zu nennen. Spieler, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten geholt wurden, ohne ihre langfristige Finanzierung zu planen. Inflation und der Zustand der türkischen Lira trugen ihres dazu bei. 

Der Leuchtturm im Namen, neue Ufer als Ziel 

Mit der sicheren Meisterschaft in der vorletzten Saison, die erst in der vorletzten Runde gegen Sivas verspielt wurde und den zweiten Platz in der letzten Saison ist Fenerbahce wieder auf Kurs. Dennoch kommt der Fußball im Land weiterhin nicht zur Ruhe. Wie jeher, ist jede Saison geprägt von Fehlentscheidungen und Schiedsrichterskandalen. Letztere sind aber nicht immer die Schuldigen. Vor allem Lobbys im Verband und seinen Gremien, treffen nur Entscheidungen im Sinne ihrer Vereine. Rücktritte des Präsidiums folgen meistens am Ende jeder Saison. Fenerbahçe als größtes Opfer dieser Machenschaften, versucht um so mehr Transparenz und den fairen Wettbewerb zu proklamieren. Die Folge sind erst recht wieder Eskapaden durch Schiedsrichter und Verbandsverantwortlicher aus diesen Lobbys. Präsident Koç hält aber weiterhin an seiner Strategie fest und findet immer mehr Unterstützer, auch bei anderen Vereinen. Auch der Antrag des Vereins an den Verband endlich alle 28 Meisterschaften von Fenerbahce (statt der 19) zu verifizieren, hängt seit letzter Saison in der Warteschleife. Das vorherige Verbandspräsidium hatte sich nicht über die Entscheidung getraut und auch dieses hält sich bedeckt. 

Was zählt ist „heute“ 

Zum 100-jährigen Jubiläum der Türkei als Republik und ihres Verbandes wirft Ali Koç daher nochmals alles rein. Begünstigt durch weniger strenge FFP-Regeln als in den Jahren zuvor, hat Koç für diese Saison endlich auch einen großen Namen für die Trainerbank verpflichten können. Die Anhänger honorieren das wöchentlich mit einem ausverkauften Stadion und einer grandiosen Stimmung. Mit Philip Cocu bekam zwar ein großer Name in der ersten Saison das Vertrauen, dieser war den Fans und dem Vorstand aber zu „gentleman-like“, in der türkischen Liga kein gefragtes Attribut. Nach einigen sieglosen Spielen folge daher die Trennung und seither waren ausnahmslos Trainer aus der Vergangenheit, die Fenerbahçe schon einmal gechoacht hatten, an der Seitenlinie. Mit Jorge Jesus hat für diese Saison nun aber auch erstmals ein „großer Name“ auf der Trainerbank Platz genommen, der die ganze Vorbereitung selbst gestalten konnte. Dazu kam, dass fast alle Transfers schon zur Vorbereitung dem Trainer zur Verfügung standen und die Abgänge mit seinem Segen verabschiedet wurden. Insbesondere der Abgang des Koreaners Kim zu Neapel (Ausstiegsklausel: 18 Mio., Anm.) stellte Jesus vor eine große Herausforderung. 

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Das “Ulker Fenerbahce Sukru Saracoglu Stadium” in Istanbul

Über Quantität zur Qualität?

Zwar ist mit Nationaltormann Bayındır (neben Cakır, von Trabzonspor) die Tormannfrage geklärt, Kims Abgang hat die Defensive aber klar geschwächt. Den Neuzugängen Peres von Marseille (FRA) und Henrique von Flamengo (BRA) fehlt zudem auch die (gemeinsame) Spielpraxis. Aufgrund der Verletzung des Internationalen Serdar Aziz ist die einzige Konstante in der Innenverteidigung der Ungar Atilla Szalai. Für den sind aber ähnlich hohe Ablösesummen im Gespräch, wie für Kim. Ein Wechsel steht also im Raum. Der Flügel Ferdi Kadıoğlu, der schon letzte Saison hinten links aushalf, dürfte gegen den FAK erstmals wieder auf seine angestammte Position zurückkehren. Mit Alioski kam zuletzt ein Mann für hinten links, der auch Erfahrung aus der Premier League mitbringt. Hinten rechts ist Osayi-Samuel seit seinem Wechsel von den Queen Park Rangers gesetzt. Zu Beginn noch im rechten Mittelfeld, spielt der Nigerianer inzwischen schon die dritte Saison in Istanbul. Wenngleich selten mit Scorerpunkten, ist auf den flinken Außenverteidiger immer Verlass. 

Im defensiven Mittelfeld vertraut Jesus zumeist auf den neuen Mann Arao, der ebenfalls von Flamengo kam. Mit Crespo und Zajc trifft Arao hier aber auf zwei harte Konkurrenten. Der Portugiese Crespo bildete seit seiner Verpflichtung aus der 2. Portugiesischen Liga mit dem Slowenen Zajc das Rückgrat im zentralen Mittelfeld. Auch im offensiven Mittelfeld kann Jesus trotz der Verletzung des Nationalspielers Kahveci aus dem Vollen schöpfen. Mit „Youngstar“ Güler wartet ein 17-jähriges Ausnahmetalent auch gegen den FAK auf Einsatzzeit. Güler erbte von Özil die „10“ und gilt als größte türkische Nachwuchshoffnung. Mit einem Doppelpack gegen Kasımpaşa, lieferte er wieder neue Argumente, womöglich für die Startelf. Anders als im Sturmzentrum, hat Jesus auf den Flügeln die Qual der Wahl. Mit Bruma von PSV, Lincoln von Santa Clara (POR) und „Golden Boy“ Emre Mor vom Ligakonkurrenten Karagümrük kamen gleich drei neue Namen, die mit Rossi (LA Galaxy) die Außenbahnen beackern sollen. 

Lediglich im Sturmzentrum herrscht noch Unklarheit. Zwar hatte am Ende der Vorsaison Serdar Dursun (zuvor Darmstadt) mehr Scorerpunkte als Berisha (Salzburg) und Valencia (Tigres, MEX). Das letzte Wort ist da aber noch nicht gesprochen. Mit Joshua King (Watford) und Joao Pedro (Cagliari) kamen nämlich zwei weitere Spieler für diese Position und noch ein weiterer soll folgen bzw. gehen. Pedro steht im Play-Off gegen die Wiener Austria verletzungsbedingt ohnehin nicht zur Verfügung. 

Fazit 

Personell und qualitativ kann Fenerbahçe vieles aufbieten. Die Frage wird sein, wie eingespielt die Gäste aus Istanbul sind. Eine lange Vorbereitung brachte dem Zuschauer nicht die Erkenntnisse, wie in den Jahren zuvor. Dazu gingen und kamen einfach zu viele Spieler und ein Ende am Transfermarkt ist noch nicht in Sicht (Zu- und Abgänge). Trainer Jorge Jesus gibt die Richtung vor und ansatzweise lässt sich schon ein attraktiver Angriffsfußball mit Pressing und kreativem Kurzpassspiel erkennen. Dennoch sind personell noch viele Fragen offen. Das macht sich auch im Spiel bemerkbar. In der Chamions-League-Qualifikation gegen Dynamo Kiew, hatte man das Nachsehen, obwohl man den Gegner spielerisch dominierte. Zählbares schaute nicht heraus und so musste man sich trotz Überlegenheit in beiden Spielen (+ Verlängerung im Rückspiel) geschlagen geben. Ein ähnliches Szenario gegen Austria Wien ist nicht ausgeschlossen. Sollten Trainer und Mannschaft aber die richtigen Schlüsse aus dem Kiew-Spiel gezogen haben, dürfte Fenerbahçe seiner Favoritenrolle (nicht nur in Favoriten) gerecht werden. Im Rückspiel erwartet die Veilchen aus Wien jedenfalls ein Hexenkessel und ein (nahezu) ausverkauftes Haus. Eine Reise zu diesem Auswärtsspiel in Istanbul kann ich jedem Austria-Fan daher nur ans Herz legen. Die Stadt zieht mit ihren drei großen Vereinen jeden Fußball-Fan in ihren Bann. Ein Besuch lohnt sich allemal, nicht nur in die Fußballstadien der Stadt. Auch in den anderen Sektionen spielt Fenerbahçe zumeist vor vollem Publikum und ist immer unter den Titelanwärtern. Vor allem die Volleyball- und Basketballsektion mit ihren Damen- und Herrenteams gelten als Maß der Dinge in der Türkei. 

 

Das ist also unser Gegner liebe Veilchen! Ich danke Aytunç für diesen Bericht über Fenerbahce & hoffe natürlich auf ein leiwandes Spiel am Donnerstag, dass unsere Veilchen hoffentlich für uns entscheiden werden. Forza Viola! 

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