In Tirol den Herbstlauf fortsetzen
Die Austria Wien ist wieder da! Oder doch lieber mit Fragezeichen? Nach 7 sieglosen Spielen in Folge, darunter auch das Ausscheiden in der ECL-Quali gegen Legia, war die Austria am Tag nach dem Herbstbeginn am 24. September am Boden angelangt. Gerade hatte man nach einer Niederlage in Hartberg auch in Altach verloren und selbst die gelerntesten Optimisten konnten ihren Frust nicht mehr verstecken.
Was folgte war drei Tage später das Cupspiel gegen den Regionalligisten St. Anna/Aigen, welches souverän mit 4:0 gewonnen werden konnte und eine erste mentale Befreiung darstellte. Anschließend, nochmal vier Tage später, kam das Derby, welches neue Maßstäbe bei der Verrücktheit setzen sollte.
Nach einer erheblich langweiligen ersten Halbzeit, in der beiden Teams nie Nervosität nicht verlieren zu dürfen in jeder Bewegung anzusehen war, setzte es kurz nach der Pause einen bitteren Doppelschlag. Binnen zwei Minuten mussten Holland (gelb-rot) und Braunöder (rot) vom Platz und die Austria sah sich in der ausweglosen Situation mit zwei Mann weniger rund 40 Minuten ein 0:0 zu verteidigen.
Die Austria reagierte hervorragend, wurde von Trainer Wimmer extrem kompakt taktisch sortiert und zwang den Vorstadtrivalen, der nicht mehr mit Wien in Verbindung gebracht werden möchte, dazu kreativ zu werden. Dass Kreativität gerade in Derbies nicht die Stärke der nervenschwachen Spieler in grün-weiß ist, das war schon in vielen der letzten Spiele zu beobachten, aber der Druck mit zwei Mann mehr nun endgültig “endlich” mal wieder ein Derby gewinnen zu müssen, sollte sich wie ein Betäubungsmittel über die gegnerische Mannschaft legen. So kam es, dass Fitz sogar die Großchance auf die Führung gehabt hätte, wäre er nicht per Notbremse/Brutalofoul gestoppt worden (wofür es zu Unrecht nur die gelbe Karte gab). Das 0:0 sollte bis zum Ende sehr souverän verteidigt werden, wobei die Veilchen große Moral, taktische Flexibilität und neues Selbstbewusstsein bewiesen. Wer dachte, dass der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreichen würde – und da hatte ich selbst meine Zweifel im September, der musste vor diesem perfekt geparkten violetten Bus seinen Hut ziehen. So bringt man ein Ergebnis über die Zeit, Chapeau!
Spruchbänder und Sprechchöre für Trainer sind nichts Ungewöhnliches, sehr wohl aber in Situationen wie jener vor bzw. während des Spiels gegen BW Linz. Trotz der moralischen Leistung der Sonderklasse, die sich wie ein Sieg anfühlte, wurde dennoch nur ein Punkt im Derby geholt, einer von 6 Punkten in 9 Runden zu diesem Zeitpunkt. Mit Platz 10 in der Tabelle, weit abgeschlagen von den EC-Plätzen und selbst das obere Playoff schien bereits verloren, wurde Michi Wimmer bejubelt. Jener Trainer, der an einem der schlechtesten Saisonstarts der Geschichte der Austria beteiligt war.
Das ist durchaus sehr beachtlich und spricht für den Zusammenhalt, der die Veilchen seit rund zwei bis drei Jahren verbindet und den neuen Spirit auf den Rängen und insbesondere im Fanblock, der Einzug gehalten hat. Ein Zuschauerschnitt von rund 13.000 ist für einen am Tabellenende grundelnden Verein auch nicht selbstverständlich.
Aber zurück zum Spiel… Das Spruchband war sinnbildlich und perfekt geeignet, um die Spieler von ihrem Druck zu entlasten. Sie mussten nicht für den Job des Trainers spielen, obwohl Wimmer intern wohl definitiv angezählt war und ggf. noch immer ist, sondern konnten ihren Druck für ein paar Augenblicke ausblenden. Lange genug, um in Minute 38 in Führung zu gehen und gut genug, um diesmal nicht, wie in unzähligen Spielen zuvor, gleich im Anschluss den Ausgleich zu bekommen, sondern in Minute 40 nachzulegen.
Gruber mit einem Hattrick und Asllani mit seinem ersten Tor in violett, sollten am Ende für einen 4:0-Heimsieg sorgen – den ersten Bundesliga-Heimsieg in dieser Saison, in Runde 10. War das der erhoffte Befreiungsschlag?
Das werden wir wohl oder übel erst herausfinden, aber es war bemerkenswert, wie die Austria spielte. Kein extrem hohes und risikoreiches Pressing mehr, aber weiterhin das schnelle, vertikale Spiel in die Tiefe, wo sich einige bemerkenswerte Muster bei den Toren zeigten:
1:0 – Galvao – Asllani – Fitz – Gruber
2:0 – Galvao – Asllani – Polster – Gruber
3:0 – Galvao – Potzmann – Galvao – Fitz – Gruber – Asllani
4:0 – Potzmann – Fitz – Gruber
Alle vier Tore wurden nur über ein paar Stationen vom eigenen Strafraum aus eingeleitet, also jeweils von ganz hinten nach vorne durchgängig und ausschließlich vertikal gespielt.
Das zeigt von hohem Selbstvertrauen, taktischer Klarheit und einem innewohnenden Verständnis der Spieler für Laufwege und Passrouten der Kollegen. Es war ein Balsam für die violette Seele!
Das improvisierte defensive Mittelfeld mit Potzmann und Jukic funktionierte tadellos, wie auch das “Abtröpfeln” von Asllani sich wunderbar bewährte. Aber was wird Wimmer aus dem Spiel mitnehmen nach Tirol, damit nach dem furchtbaren Sommer die Aufbruchstimmung des Herbstes fortgesetzt werden kann und zu einem ergebnistechnischen Herbstlauf wird?
Braunöder und Hollandkehren von ihren Sperren zurück und auch Fischer wird wohl nach seiner Fußverletzung in den Kader zurückkehren. “Never Change a winning Team”, also Potzmann und/oder Jukic? Oder doch lieber zurück zur Stammelf mit Braunöder/Fischer und Holland? Es wird spannend…
Ausfallen wird hingegen Galvão (Sprunggelenk), der ja auch das Derby wegen einer Sperre verpasste. Hier ist zu erwarten, dass Meisl oder Baltaxa den Platz in der linken Innenverteidigung einnehmen werden.
Was ist euer Tipp für den Herbstlauf? Sieben Ligaspiele stehen noch auf dem Programm und dazu noch das Cup-Heimspiel gegen Klagenfurt.
Meine Prognose: Sieg (WSG, Cup-SKA, ALU, SKA, HTB), Unentschieden (WAC), Niederlage (STU, RBS, LSK). In der Liga also ein 3-1-3, mit 1,43 Punkten pro Spiel bis zur Winterpause.
Welche Punkte uns für den Einzug in die Meistergruppe notwendig sind, das könnt ihr Runde für Runde im “OPO-Tracker” nachlesen.
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