Galvão, Pečar, Coco: Spotlight auf die drei Neo-Veilchen
[dropcap]D[/dropcap]er Austria-Fan ist in Last-minute-Deals seit vielen Jahren geübt – sei es 2007, als David Lafata am „Deadline Day“ kam, oder nun 2022, als die Austria am 7. Februar, der inzwischen der letzte Tag des Winter-Transferfensters ist, drei Mal zuschlug.
Um Punkt 17 Uhr hat das Transferfenster geschlossen. Um 17:01 Uhr präsentierte die Austria auf ihrer Website Lorenzo Coco für die Young Violets, in den darauffolgenden 45 Minuten zudem Lucas Galvão und Martin Pečar für die Kampfmannschaft der Veilchen. Nachdem mit Christoph Martschinko (zum FC Riga) lediglich ein Spieler die Austria verlassen hat, gelingt somit zweifellos ein Upgrade zur Herbstsaison. Aber was ist von dem Trio zu erwarten?
Lorenzo Coco
Der 18-jährige deutsch-italienische Doppelstaatsbürger ist in der vordersten Angriffsreihe positioniert, am liebsten am Flügel. Er ist beidfüßig, absolvierte für diverse U-Nationalteams insgesamt 25 Länderspiele, erzielte dabei 10 Tore und gehört seit Oktober dem U19-Nationalteam an. Mit ebendiesem könnte er von 23. bis 29. März an der U19-Eliterunde teilnehmen. Dort kämpft Österreich gegen Gastgeber Spanien, Russland und Dänemark um eine Qualifikation für die U19-Europameisterschaft im Juni – wohl auch mit Muki Huskovic und Leo Ivkic.
Coco wird die Offensive der Young Violets im Frühjahr verstärken – was diese mit nur 17 erzielten Toren und drei Siegen in 16 Spielen auch gut benötigen kann. Auch wenn es vorerst lediglich eine halbjährliche Leihe ist und im Sommer beim Ziehen der Kaufoption eine Ablöse an die SV Ried nötig wäre: dieser Transfer macht viel Sinn. Die Austria holt damit einen vielfachen österreichischen Nationalteamspieler, der unter anderem bei den Red Bull-Teams in Salzburg und Leipzig ausgebildet wurde und bei Rieds zweiter Mannschaft in der RL Mitte erstmals im Erwachsenenfußball spielte. Er gilt als sehr schnell, technisch gut und mutig in Eins-gegen-eins-Duellen, hat sich bereits in den letzten Wochen im Training und bei Testspielen der Young Violets bewiesen. Gelingt ihm das unter den Fittichen von Harald Suchard auch im Frühjahr, kann die Austria ein großes Talent mit viel Perspektive verpflichten. Erfüllt er die Erwartungen nicht, kehrt er im Sommer nach Ried zurück, ohne dass die Austria ein finanzielles Risiko einging.
Ich freue mich auf die neue Herausforderung und auf meine Zukunft bei Austria Wien. Die gute Arbeit der Austria mit jungen Spielern ist mir aufgefallen und hat mich überzeugt. Ich hoffe, dass ich mich hier zeigen kann. Lorenzo Coco
Martin Pečar
Ein ähnliches Profil wie Coco hat auch Martin Pečar, der jedoch rascher ein Thema für die Kampfmannschaft werden dürfte. Der 19-jährige Slowene wechselt auch auf Leihbasis zur Austria, ebenso mit einer Kaufoption. Er wurde in den vergangenen dreieinhalb Jahren bei Eintracht Frankfurt entwickelt, absolvierte dort in der U17 und U19 insgesamt 26 Spiele (mit vier Toren und sechs Assists). Für Sloweniens U15- bis U21-Auswahlen stand er bisher 48 Mal auf dem Feld (sechs Tore), oftmals als Kapitän, zuletzt im November 2020, als er von Austria-Legende Milenko Acimovic erstmals in das U21-Nationalteam einberufen wurde.
Pečar kann offensiv alle Positionen einnehmen und spielt meist als inverser Flügelspieler, d.h. als Rechtsfuß auf der linken Außenbahn. Er gilt als eines der größten Talente Sloweniens, mit einer ausgezeichneten Technik und Stärken im Eins-gegen-Eins sowie dem letzten Pass, glänzt dabei mehr als Vorbereiter denn als Torjäger. Mit Oliver Glasner (zu dem Jürgen Werner Kontakt pflegt), Andreas Biritz (der 2021 als Athletiktrainer von Eintracht nach Wien wechselte) und eben Acimovic konnte sich die Austria vorab intensiv über Pečar informieren. Dass man die Chance ergreift, eines der größten Talente Sloweniens an den Verteilerkreis zu holen, scheint nur logisch und sinnvoll, obendrein mit nahezu inexistentem finanziellen Risiko.
Die Erwartungen an den Slowenen müssen jedoch realistisch sein. Zwar ist er auf der einen Seite ein talentierter, technisch starker Fußballer. Auf der anderen Seite stehen jedoch zwei große Contra-Argumente: erstens hat Pečar noch kein einziges Pflichtspiel im Erwachsenenfußball absolviert und ist bisher nur in Jugend-Auswahlen aufgelaufen – wie auch Tristan Hammond, als er im Sommer zur Austria kam und bisher nur bei den Young Violets eingesetzt wurde. Zweitens war Pečar von Mai bis Dezember 2021 rund ein halbes Jahr verletzt. Sein letztes Pflichtspiel absolvierte der 19-Jährige vor über neun Monaten im April 2021. In seinem nächsten wird er ein violettes Trikot tragen, wohl aber nicht so bald in einer Startelf der Kampfmannschaft.
Ich bin sehr glücklich und zufrieden, dass dieser Transfer geklappt hat. Es ist alles sehr schnell gegangen, aber es freut mich, dass ich nun hier sein kann. Wien ist eine richtig tolle, große Stadt und ich denke, dass die Austria für mich und meine Entwicklung jetzt einfach die beste Wahl war. Martin Pečar
Lucas Galvão
Der Königstransfer des violetten Winters ist jener des 30-jährigen Defensivspielers Lucas Galvão, der nach Jahren in Deutschland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Griechenland nach Österreich zurückkehrt. Hierzulande hat er sich in seinen 71 Bundesliga-Spielen einen guten Ruf erarbeitet: physisch stark, schnell, stark im Spielaufbau, gute Dribblings und starke Technik. Dabei ist Galvão sowohl in der Innen- als auch in der linken Außenverteidigung einsetzbar, etwas offensiver auch im linken oder im defensiv-zentralen Mittelfeld. Prädestiniert für ihn scheint die halblinke Innenposition einer 5er-Kette, wie sie die Austria im Herbst oft praktizierte.
Dieser Transfer erfüllt alle Kriterien, die die Austria bei ihrer Suche am Transfermarkt aufgestellt hat: Galvão deckt den Bedarf auf mehreren Defensivpositionen, ist Linksfuß, gilt als Führungsspieler und Vorzeigeprofi, passt mit seinen Stärken im Spielaufbau hervorragend in die Spielidee von Manfred Schmid, der auf einen geordneten, flachen Aufbau setzt und hierfür mit den Dribblings von Galvão eine neue Facette einsetzen kann. Hinzu kommt, dass der Brasilianer gut Deutsch spricht, die Liga kennt und ablösefrei wechselt.
Am Papier macht die Verpflichtung von Galvão, über dessen Vertragslaufzeit bei der Austria nichts bekannt ist, also sehr viel Sinn und es ist erfreulich, dass dies gelungen ist. Nun liegt es am Verteidiger, diesen Vorschusslorbeeren gerecht zu werden. Seine starken Leistungen in Österreich liegen bereits einige Jahre zurück, er gilt als verletzungsanfällig, steht aber voll im Training und in der Spielpraxis, weil es in Griechenland de facto keine Winterpause gibt. Nun muss er vermutlich doch eine kleine Pause einlegen, denn erfahrungsgemäß dauert es oft lange, bis eine Arbeitsgenehmigung für Nicht-EU-Bürger eintrifft, wie zuletzt im Sommer Filip Antovski leidvoll erfahren musste.
Es freut mich sehr, bei Austria Wien zu sein. Ich glaube, dass wir viel Potenzial in der Mannschaft haben. Ich hoffe, dass wir unsere Ziele erreichen. Lucas Galvão
Fazit
In Manuel Ortlechners zweiter Transferzeit war im Kader der Kampfmannschaft kein dringender Bedarf da, zumal kein Spieler abgegeben wurde. Dennoch wurde, um den Kader in der Breite sowie in der Qualität zu verstärken, nach einem Linksfuß für die Defensive und einem Offensivspieler gesucht. Ortlechner bekam im Laufe des Transferfensters immer mehr Unterstützung von Jürgen Werner, betonte aber, dass Transfers nur dann getätigt werden, wenn diese sportlich und wirtschaftlich perfekt passen. Mit Lucas Galvão und Martin Pečar dürfte dies gelungen und der Kader nochmals verstärkt worden sein. Hinzu bekommen die Young Violets mit Lorenzo Coco einen interessanten U19-Nationalteamspieler, der sich am Verteilerkreis weiterentwickeln wird, während mit Christoph Martschinko ein Spieler abgegeben wurde, dessen sportliche Perspektive bei der Austria nicht mehr mit dem Gehalt übereinstimmte. Eine Transferperiode, die am Papier ein Erfolg ist – nun liegt es an den Neo-Veilchen, dass dem auch in der Realität so ist!
Danke – ist nun überall korrigiert!
Unser slowenischer Neuzugang heißt Martin Pecar, bitte ausbessern;)