Der Stadiondeal, eine Analyse

Disclaimer

Prospektunterlagen zum geplanten Stadiondeal wurden in diversen Medien als Fotografien geleaked. Es ist unklar, ob diese Unterlagen 1) echt sind (wenngleich die Echtheit nicht bestritten wurde), 2) legal publiziert wurden (wenngleich es offenbar keine Klagen dagegen gibt) und 3) final sind. Daher wird an dieser Stelle ausnahmsweise nicht auf die Quelle verlinkt, keine der kursierenden Fotografien veröffentlicht und eben hiermit darauf hingewiesen, dass in der Realität bereits ganz andere Inhalte und Vertragsbestandteile verhandelt werden könnten. Es handelt sich um ein mutmaßlich authentisches Abbild eines Zwischenstands in den Verhandlungen, nicht mehr und nicht weniger. 

Dennoch haben viele Veilchen Fragen zu diesem geplanten Geschäft, können Umfang und Vorgehensweise nicht einschätzen bzw. haben Sorgen, was dies für die Zukunft der Austria bedeuten könnte. 

Der Deal

Es soll das Stadion inkl. dem zugrundeliegenden Baurecht um in Summe 45 Mio. Euro veräußert werden. Dazu soll eine jährliche Miete von 3,375 Mio. Euro (inflationsgesichert an den VPI gebunden) geleistet werden. Dies entspricht 7,5% Kapitalrendite. Diese Miete erhöht sich noch in unbestimmten Ausmaß in Form von Bonuszahlungen, sollte die Austria in den Europacup kommen oder durch weitere Veranstaltungen in der Generali Arena etwaige Zusatzeinnahmen erzielen. 

Die Austria bleibt exklusiver Betreiber und somit Herr im eigenen Haus. Beide Seiten, also Käufer und Mieter, sind für 20 Jahre an die Vereinbarung gebunden. Nach Ablauf der 20 Jahre, verpflichtet sich die Austria das Stadion um einen “fixierten” Kaufpreis 20 Mio. Euro (offenbar nicht wertgesichert) zurückzukaufen. Dieser Rückkauf reduziert die Kapitalrendite, da das Stadion ja nicht im Besitz der Käufer bleibt. 

Rechenbeispiel (mit 3% Inflation): 

  • Kaufpreis = 45 Mio. Euro
  • Miete = 20x 3,375 Mio. Euro = 67,5 Mio. Euro
  • Rückkauf = 20 Mio. / 1,03^20 = 11,1 Mio. Euro
 
  • Barwert Einnahmen: 45 Mio. Euro
  • Barwert Zahlungen: 78,6 Mio. Euro

Der Deal kostet langfristig der Austria also einiges an Geld. Aufgrund des verbundenen Risikos ist es aber logisch, dass die Investoren eine gewisse Rendite erwarten. 

Was der Deal ermöglichen soll

In erster Linie geht es um Handlungsfähigkeit, Kostensenkung und eine Absicherung gegen hohe Zinsen. Die initial eingenommenen 45 Mio. Euro sollen dabei nach einem bestimmten Schema verwendet werden: 

22,5 Mio. Euro zur Tilgung der Kreditlinie bei der Bank Austria, welche im Gegenzug weitere 22,5 Mio. Euro an Forderungen erlässt (50% Haircut). Damit ist die Austria auf einen Schlag über 60% der Verbindlichkeiten los (gerechnet mit dem Stand vom 30. Juni 2023). 

Mit weiteren 3 Mio. Euro sollen kurzfristige Darlehen bedient werden. Das sollte die Verbindlichkeiten gegenüber Gesundheitskasse, Finanzamt und Stadt Wien betreffen. Diese wären dann, erneut bezogen auf den Stand 30. Juni 2023, ebenfalls vollständig getilgt. 

Zusätzliche 4 Mio. Euro werden zur (sofortigen) Tilgung einer Finanzierung von Quattrex aufgewendet, welche als Risikofinanzierer teure, kurzfristige Darlehen an Unternehmen in Krisensituationen vergeben. Die Höhe dieser Finanzierungen ist unbekannt, auf Basis 30. Juni 2023 kann man aber mit rund 10 Mio. Euro als Summe rechnen. Da hier durch eine Tilgung große Kosteneffekte durch eingesparte Zinsen zu erwarten wären, ist unklar, warum hier keine vollständige Tilgung angestrebt wird. Vermutlich sind nicht alle Darlehen sofort/vorzeitig tilgbar.

Ein Betrag von 10 Mio. Euro soll in eine Liquiditätsreserve überführt werden, also  um kurzfristig anfallende Ausgaben zu bedienen. Da an anderer Stelle beschrieben wird, dass es bereits jetzt grundsätzlich positive operative Jahresergebnisse geben soll, ist unklar, warum eine dermaßen hohe Reserve eingerichtet werden soll. Gerade in einem Umfeld mit hoher Inflation (Wertverlust der Reserve) und hohem Zinsaufwand (verbleibende Quattrex-Verbindlichkeiten) würde das einen effektiven Wertverlust bedeuten. Wahrscheinlich werden diese Mittel also eingesetzt, um die laufenden Quattrex-Darlehen zu bedienen und im Saisonverlauf abzubezahlen – diesmal ohne dies durch die Aufnahme neuer Kurzfristdarlehen zu bedienen. Gut möglich, dass im Sommer 2025 die Reserve und die Quattrex-Darlehen gemeinsam zu Ende gehen. Mit Stand 30. Juni 2023 blieben dann aber sogar noch rund 4 Mio. Euro an Reserve übrig. 

Jetzt stehen wir bei 39,5 Mio. Euro von 45 Mio. Euro, bleiben also noch weitere 5,5 Mio. Euro vom Stadiondeal übrig. Laut Prospekt sollen davon 2-5 Mio. Euro in den Sport investiert werden – was auch immer das im Detail bedeuten soll. Zur Verwendung der weiteren 0,5-3 Mio. Euro finden sich keine Informationen oder Pläne.

Am Ende bliebe der Austria (mit Stand 30. Juni 2023) ein Packerl von rund 3 Mio. an Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung (“offene Rechnungen”), diverser Kleinkram an Verbindlichkeiten von rund 2 Mio. Euro, ein Darlehen des Vereins an die AG (intern) von ca. 4 Mio. Euro und offene Investitionszuschüsse (kein Geldfluss sondern Auflösung aktivierter Förderungen, die sich mit dem Stadion bzw. der Akademie abschreiben) von rund 6 Mio. Euro. 

Nimmt man die 10 Mio. Liquiditätsreserve für die Tilgung von Quattrex und zur Auflösung der Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, wäre man im Grunde alle Verbindlichkeiten los, die Zahlungsströme auslösen. Das wäre schon eine massive Verbesserung der Situation!

Was das alles für die Zukunft bedeutet

Die Befreiung von rund 2,8 Mio. Zinsaufwand im Tausch gegen 3,375 Mio. Mietaufwand klingt auf den ersten Blick nicht unbedingt attraktiv. Gleiches gilt für den Tausch von 45 Mio. Euro Cash gegen fast 80 Mio. Euro an Zahlungsströmen. Dennoch könnte genau diese Vorgehensweise die langersehnte Rettung sein. 

Der Schuldenschnitt mit der Bank Austria in Kombination mit der Tilgung quasi aller Verbindlichkeiten wäre ein massiver Hebel, um die Austria in eine gesunde Zukunft zu führen. 

Wichtig wird sein, dass unabhängig vom Stadiondeal das operative Geschäft tatsächlich schwarze Zahlen schreibt – also unter Ausblendung von Abschreibungen, Zinsen und Steuern am Ende der Saison Geld übrig bleibt. Davon waren wir im Geschäftsjahr 22/23 noch weit entfernt, haben aber hoffentlich bereits Verbesserungen erzielt. Umfangreiche Spielerverkäufe könnten das Ergebnis der Saison 23/24 bereits in die schwarzen Zahlen gebracht haben. Der Verkaufsprospekt erwähnt einen erwarteten Überschuss von 4 Mio. Euro für 24/25. Ist diese Hausaufgabe absolviert, können wir im neuen Finanzierungsumfeld wieder in Ruhe arbeiten und wachsen, ohne von kurzfristigen Zinsschocks etc. abhängig zu sein. 

Ebenfalls wichtig erscheint die konservative Mittelverwendung, also möglichst geringe Investitionen in den Bereich Sport, der in den letzten Jahren leider kaum in der Lage war Überschüsse zu erzielen und eine stärkere Mittelverwendung zur Tilgung aller möglichen Verbindlichkeiten. 

Festzuhalten bleibt, dass sich alle Vergleiche mit Finanzkennzahlen der Austria auf den 30. Juni 2023 beziehen und somit  über ein Jahr alt sind. Die Bilanz für den 30. Juni 2024 liegt noch nicht vor. Hier könnten sich also recht deutliche (positive wie negative) Verschiebungen ergeben. 

Zudem könnte der Deal am Ende anders aussehen, also ggf. wichtige Stellschrauben anderes verhandelt werden und damit neue finanzielle Auswirkungen entstehen. Dazu kommt, dass der Deal ja noch nicht unter Dach und Fach gebracht wurde – insofern könnte es auch am Ende des Tages gar keinen Deal geben. 

Wir bleiben dran und halten euch auf dem Laufenden! Sollte der Deal bald abgeschlossen sein, werden wir uns natürlich bemühen euch aktualisierte Einblicke zu geben. 

Forza Viola! 

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Antworten

  1. “Die Befreiung von rund 2,8 Mio. Zinsaufwand im Tausch gegen 3,375 Mio. Mietaufwand klingt auf den ersten Blick nicht unbedingt attraktiv. ”
    Weiß man, wie viel Schulden man zusätzlich tilgt? Die 2,8 Mio sind ja anscheinend nur Zinsaufwand.
    Oder konkret gefragt: wie viel mehr bleibt uns pro Jahr übrig? Bei 2 Mio Zinsrückzahlung sind es wohl 1,425 Mio zusätzlich.

    Meine Conclusio: das wäre für die Austria ein super Deal, man hätte etwas Luft zum atmen (sprich Budget für die Kampfmannschaft), sämtliche Schulden getilgt und für die Zukunft mehr Geld zur Verfügung. Der Rückkauf in 20 Jahren könnte dann unser Problem der Zukunft sein..

    1. Sorry für die späte Antwort.
      In den letzten Jahren haben wir wohl meist gar nicht getilgt sondern gestundet und für die Zinsen weitere Kredite aufgenommen. Insofern kann es da keine “aktuelle” Antwort geben.
      Als generelle Antwort: Die Miete ist wertgesichert und gleichmäßig, also zahlen wir dann jedes Jahr gleich viel für 20 Jahre. Das ist kurzfristig deutlich weniger als es bei Tilgung + Zinsen wären, aber eben nur kurzfristig. Weil irgendwann wäre der Kredit ja schon weit getilgt und die Zinsen sinken mit der Tilgung ja immer weiter. Ich hab es mal überschlagen und komme zum Schluss, dass nach ca. 8 Jahren der Punkt erreicht wäre, ab wann die Miete mehr ausmacht als die Tilgung plus Zinsen.

      Also kurzfristig eine Erleichterung, aber langfristig teurer.
      Die Rechnung geht langfristig erst mit dem Schuldenschnitt auf.

      Der Rückkauf wäre das kleinste Problem. Wenn man bis dahin keine neuen Schulden aufnimmt, wären wir ja mehr als kreditwürdig die 20 Mio bei einer Bank aufzunehmen und das Stadion zurück zu kaufen. 20 Jahre Inflation dazwischen,… der Kaufpreis wird ein halber Jahresumsatz sein…

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